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Die Strategie der Lia Rumantscha - Nach wie vor kein Wunder zu erwarten

Anlass dieses Kommentars ist die Strategie der Lia Rumantscha, die sich bis zum 15. Oktober 2020 in der Vernehmlassung befindet. Die LR arbeitet an einer Strategie, um ihre Tätigkeitsgebiete und Aktivitäten der nächsten Jahren zu definieren. Nach der Beratung der Stossrichtung mit den Präsidenten der angegliederten Vereinigungen hat der Vorstand der LR nun einen Strategieentwurf verabschiedet. Bis zum 15. Oktober haben die angegliederten Vereinigungen Zeit, eigene Vorschläge und Wünsche einzureichen. 

 

Zur Stellungnahme eingeladen sind die angegliederten Vereinigungen sowie z.B. die Gruppa rumantscha dal Cussegl Grond oder die SRG SSR Svizra Rumantscha. Obwohl die erste Absicht der Strategie der LR ausdrücklich festlegt, dass jede und jeder, der Romanisch versteht, spricht, liest oder schreibt zur romanischen Gemeinschaft gehört, bin ich als Privatperson, die sich Rumantsch grischun selber beigebracht hat, als Nicht-Mitgliederin einer angegliederten Vereinigung (für Rumantsch grischun gibt es keine), grundsätzlich nicht eingeladen, meine Meinung über die erwähnte Strategie kundzutun. Diejenigen, die mich kennen, wissen mittlerweile, dass eine solche Situation für mich jedoch eine Herausforderung darstellt.  

 

Das Zentrum für Demokratie Aarau als Haupt-Impulsgeberin

Ein wichtiger Impuls für die Strategierichtung der LR geht zurück auf den Bericht „Massnahmen zur Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und der italienischen Sprache und Kultur im Kanton Graubünden“, den das Zentrum für Demokratie Aarau im Auftrag des Bundesamts für Kultur erarbeitet hat und am 31.März 2019 veröffentlicht wurde. Die Empfehlungen des Zentrums für Demokratie haben also verbindlichen Charakter.

 

Der Bericht des Zentrums für Demokratie nimmt Bezug auf die vom Kanton Graubünden und von den unterstützten Sprachorganisationen im Rahmen der jeweiligen Leistungsvereinbarung ergriffenen Massnahmen zugunsten der Sprachförderung. Anhand eines Fragebogens wurden insgesamt 554 Angehörige der rätoromanischen und italienischen Zivilgesellschaft im Kanton Graubünden und in der übrigen Schweiz sowie 11 Expertinnen und Experten befragt. Aus den gewonnenen Gesamtergebnissen hat das Zentrum für Demokratie Empfehlungen zuhanden des Bundesamt für Kultur für die künftige Ausgestaltung und Durchführung der Massnahmen zur Erhaltung und Förderung der romanischen und der italienischen Sprache im Kanton Graubünden abgeleitet. 

 

Das Zentrum für Demokratie hat zwei Schwächen identifiziert: 

 

- „Als allgemeine Schwäche erweist sich die Umsetzung des an sich minderheitenfreundlichen Sprachgesetztes des Kantons Graubünden. Insbesondere der Kanton Graubünden, dem die Hauptverantwortung für die Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und italienischen Sprache in Graubünden zukommt, nimmt die ihm aufgetragene Verantwortung nur zögerlich wahr.“ (1)

- „Einen weiteren Schwachpunkt ortet die Evaluation im eminent wichtigen Bereich des Sprachunterrichts. Beklagt wird von verschiedenen Personen, dass die romanischen und italienischen Lehrmittel qualitativ den deutschsprachigen nicht gleichwertig seien und zudem häufig erst mit Verspätung erschienen. An Mittelschulen werde der Romanisch- und der Italienischunterricht mit Verweis auf Kosten und Lehrer*innenmangel gekürzt oder ganz gestrichen. Die „Bildungskette“ des Romanisch- und Italienischunterrichts sei an verschiedenen Stellen unterbrochen oder zumindest ausgedünnt. Die Gefahr ist real, dass insbesondere die Romanischkenntnisse weiter sinken, weniger Romanischlehrer*innen ausgebildet werden und das Romanische langsam aber sicher ausstirbt.“ (2) 

 

Ausserdem weist das Zentrum für Demokratie auf ein zentrales Erschwernis hin: die flächendeckende fehlende empirische Datengrundlage. Die letzten verlässlichen Daten stammen nämlich von der letzten vollständigen Volkszählung vom Jahr 2000. Das Zentrum für Demokratie geht davon aus, dass infolge der stetig gewachsenen Mobilität der Bevölkerung und der Abwanderung aus den Randregionen seither signifikante Veränderungen stattgefunden haben sollen. Daher sei es im Kanton Graubünden nicht bekannt, wie viele Personen die romanische und die italienischen Sprache sprechen und auf welchem Sprachniveau dies der Fall ist. Dass die Anzahl Sprecher der verschiedenen romanischen Idiome auch nicht bekannt sind, versteht sich nun von selbst. 

 

Das Zentrum für Demokratie ist zu vier Hauptempfehlungen gelangt, die ich an dieser Stelle nur summarisch wiedergebe: 

 

1. Bildungssektor stärken

2. Massnahmen auf sämtliche deutschsprachige Gebiete ausweiten

3. Mehrsprachigkeit stärken

4. Governance-Prinzipien überdenken

 

Dies vorausgesetzt, werde ich mich nun auf die romanische Sprache und auf die Lia Rumantscha konzentrieren. 

 

Empfehlungen des Zentrums für Demokratie an die Lia Rumantscha

Aufgrund ihrer Prägnanz und Brenzligkeit werden sie in extenso wiedergeben: 

 

Die Lia Rumantscha muss Öffentlichkeit und Politik verstärkt für die Situation der Rumantschia sensibilisieren und eine sprachenpolitische Strategie erarbeiten. Sie ist geradezu prädestiniert, den Kanton un den Bund auf deren Verantwortung für das Romanische aufmerksam zu machen und einen sprachpolitischen Weg in eine bessere Zukunft aufzuzeigen. Solange der Kanton diese Funktion nicht wahrnimmt, trifft die LR die von ihr nicht gesuchte oder gewünschte Pflicht, die Interessen auf Bundesebene zu vertreten und die notwendigen Massnahmen einzufordern (Lobbying beim Bund). Die Lia Rumantscha müsste sich wesentlich stärker sprachenpolitisch einsetzen und einen Plan erarbeiten, wie das Romanische eine Zukunft haben kann und welche Kosten und Massnahmen dies erforderte. Sie muss als Fürsprecherin der Rumantschia auftreten.

 

Organisatorisch sollten sich die LR und ihre Mitgliedgesellschaften neu aufstellen, um näher bei den Romanischsprachigen zu sein und glaubwürdiger als deren Vertretung tätig zu werden. Die Fokussierung und Professionalisierung sollte sich auch in den Strukturen abbilden. Dabei soll auch eine stärkere Einbindung der Bevölkerung bei ihren Entscheidungsprozessen gewährleistet werden. Die LR sollte ihre Anwesenheit in den Regionen verstärken. 

 

Die LR sollte sich verstärkt damit beschäftigen, digitale Produkte zu kreieren, die den Bedürfnissen jüngerer Generationen entsprechen. Dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit der für die Sprachförderung zentrale RTR anzustreben, denn die RTR verfügt über die notwendigen Kompetenzen, Erfahrungen und Mittel. Doppelspurigkeiten zwischen RTR und LR sind angesichts der knappen Ressourcen der LR zu vermeiden. 

 

Von verschiedenen Interviewten wurde die Vergabepraxis der LR als intransparent bezeichnet. Aus der jährlichen Berichterstattung der LR an den Kanton sind nur jene Projekte ersichtlich, die unterstützt wurden. Die Beschlüsse über die Vergabe von Förderungsgelder sollten in positiven wie im negativen Fall transparent offengelegt und begründet werden. Sie sollen sich zudem in eine einheitliche Sprachförderungsstrategie einordnen lassen können.“ (3)

 

Gestützt auf diesen Empfehlungen hat die LR eine Strategie entwickelt, die sie in drei Schwerpunkte - Gemeinschaft, Förderung und Interessen - und 20 Massnahmen umzusetzen gedenkt. Dieses Strategiedokument ist auf der Website der LR abrufbar (4), liegt jedoch nur auf Rumantsch grischun vor. Eine deutsche Version sei, so die LR, nicht verfügbar. Sei es drum! Ich habe das Dokument selbst übersetzt, die empfohlenen Massnahmen der Lia in fünf Bereiche gegliedert (Interessenwahrung, Dezentralisierung Demokratisierung, Bildung/Digitalisierung und Zusammenarbeit) und das Ganze in eine Tabelle zusammengefasst, die am Ende des Artikels vorzufinden ist.   

 

Beurteilung der Strategie der Lia Rumantscha

Die Lia war nicht frei, eine eigene Strategie auf die Beine zu stellen. Sie musste nolens volens den Empfehlungen des Zentrums für Demokratie, das im Auftrag des Bundesamtes für Kultur handelt, folgen. Ob diese Strategie in Zukunft zum Erfolg oder zum Misserfolg führt, darf deshalb nicht allein der LR angerechnet werden. 

 

Dies vorausgesetzt, ist es dennoch schwierig, eine objektive Gewichtung der Bereiche festzulegen, ob zum Beispiel Interessenwahrung schwerer zu gewichtigen sei als Digitalisierung. Ungeachtet dessen scheint mir wichtig hervorzuheben, dass die im Bericht festgestellte mangelnde Interessenwahrung nun konsequent angegangen werden soll. Die LR will auch vermehrt auf Digitalisierung setzen und sich für eine breiter abgestützte Förderung des Romanischen starkmachen. Verbesserungspotenzial läge allerdings noch in den Bereichen Dezentralisierung und Demokratisierung. Die Lia könnte zum Beispiel einen grösseren Effort im Bereich Dezentralisierung leisten, indem nicht alle Übersetzer zwangsläufig in Chur, sondern auch in Ilanz, in Savognin oder in Scuol arbeiten würden. Sie könnte auch ihre Anstrengungen zur Demokratisierung intensivieren, indem sie die romanischen Texte zur Sprachpolitik konsequent auf Deutsch übersetzen würde und somit deren Wirkungsfeld, so wie es eigentlich auch in der Strategie vorgesehen ist, über die Sprachgrenze hinaus erweitern. 

 

Ein anderes Problem mit welchem sich die Lia Rumantscha aktuell konfrontiert sieht, liegt in der Führung der Organisation selbst. So ist die Stelle des Generalsekretärs seit drei Monate nicht mehr besetzt. Der amtierende Präsident führt die Lia bis zum 31.12.2021, was danach passiert, ist ungewiss.  

 

Aufgabe von Bund und Kanton(en)

Doch auch Bund und Kanton stehen in der Pflicht, denn sie haben sich direkt bzw. indirekt völkerrechtlich verpflichtet, die romanische Sprache zu schützen und zu fördern. So hat das Zentrum für Demokratie eine Reihe von Aufgaben für diese Instanzen aufgelistet:

 

- Neue Volkszählung: Der Kanton Graubünden soll möglichst bald und danach in regelmässigen Abständen eine Volkszählung durchführen (was ohne Beteiligung des Bundesamtes für Statistik nicht möglich wäre). 

- Governance und Interessenwahrung: In diesem Bereich fehlt es beim Kanton Graubünden bzw. beim Bund an „Bewusstsein für und Wahrnehmung von Führungsverantwortung - mithin an strategischer Leadership. Bund und Kantone müssten klar herausstellen, dass die Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und der italienischen Sprache in Graubünden ein nationales öffentliches Interesse darstellen.“ (5) 

- Zweisprachige Schulen in anderen deutschsprachigen Gebieten einführen: So sollen „Massnahmen ausserhalb des traditionellen Verbreitungsgebiets des Romanischen ergriffen werden. Auch  hierbei steht die Förderung von Bildungsangeboten im Vordergrund, insbesondere der Betrieb zweisprachiger Schulen Rätoromanisch/Deutsch - nicht nur im deutschsprachigen Gebiet des Kantons Graubünden, sondern auch in anderen deutschsprachigen Kantonen.“ (6)

- Das Heft dem Bundesamt für Kultur abtreten: „Gestützt auf eine systematische Abklärung der Bedürfnisse, könnten gegebenenfalls neue Ansätze darin bestehen, dass der Bund das Rätoromanische direkt fördern könnte, denn das Rätoromanische ist dem Kanton Graubünden zu einem beträchtlichen Teil entwachsen.“ (7)

 

Schlussfolgerung

Grundsätzlich sind alle Mittel und Wege, die dazu beitragen, die romanische Sprache zu schützen und zu fördern, zu begrüssen. In diesem Sinne sind die vorgeschlagenen Massnahmen der Lia im Allgemeinen als positiv zu werten. Doch geopolitisch betrachtet, habe ich einige Bedenken: 

 

Vorsicht beim Rütteln am Territorialitätsprinzip

Mit ihrer Empfehlung, zweisprachige Schulen in anderen deutschsprachigen Kantonen einzuführen, suggeriert das Zentrum für Demokratie - und in seinem Schlepptau die Lia Rumantscha -, dass das Territorialitätsprinzip, wonach jede Landessprache in der Schweiz in einem juristisch-politisch festgelegten Sprachgebiet verankert ist, de facto ausser Kraft gesetzt werden soll. Ich frage mich: Ist das Absicht oder handelt es sich dabei um ein juristisches Versehen? Fakt ist, dass eine solche Empfehlung durchaus seine Berechtigung haben könnte, zumal es weder dem Bundes- noch dem kantonalen Sprachgesetz bisher gelungen ist, die romanische Sprache zu schützen, geschweige denn zu fördern. Doch eine Ausserkraftsetzung des Territorialitätsprinzips hätte auch Auswirkungen im Land, die man mit gutem Gewissen als „geopolitisch“ einstufen kann. 

 

So empfiehlt das Zentrum für Demokratie die Einführung von zweisprachigen Schulen auf die deutsche Schweiz zu erweitern und schliesst scheinbar die französisch- bzw. die italienischsprachigen Gebiete von der Massnahme aus. Und dies obwohl Letztere schon sprachlich bedingt ein besseres „Musikgehör“ für das Romanische haben dürften als die deutschsprachigen. Zweifellos sind die meisten Bündnerinnen und Bündner in Deutschschweizer Kantone abgewandert, doch am Schutz ihrer ursprünglichen Sprache dürften theoretisch auch diejenigen Anspruch haben, die in Genf oder Bellinzona wohnhaft sind. Also ist die Fokussierung auf die deutschsprachigen Kantone, zwar nachvollziehbar aber diskriminierend.  

 

Das Territorialitätsprinzip hat jedoch den Vorteil, dass es klare „Grenzen“ zwischen den Sprachgebieten abbildet, hinter denen sich die Sprachminderheiten dieses Landes seit über 200 Jahren eigentlich wohlfühlen und ihre jeweilige Kultur ausleben dürfen. An diesem etablierten Prinzip zu rütteln, wäre aus meiner Sicht, mit Rücksicht auf die anderen Landessprachen, unklug, obwohl es in Graubünden klar gescheitert ist. Ausserdem, wie stellt sich das Zentrum für Demokratie vor, Zürcher, Berner oder Basler Eltern, Schülerinnen und Schüler zu überzeugen, eine zweisprachige Schule Deutsch/Romanisch zu besuchen, wenn zahlreiche Deutschschweizer Kantone schon naserümpfend dem Französischen und dem Italienischen gegenüberstehen und nur noch auf Englisch schwören? Wo sollen die vielen Romanischlehrerinnen und -lehrer rekrutiert werden, wenn sie schon in den Bündner Schulklassen Mangelware sind? 

 

Eine Lockerung des Territorialitätsprinzips kann ich mir jedoch unter Umständen im Kanton Graubünden selbst vorstellen und ihn flächenmässig als dreisprachig erklären. Doch ein solches Vorhaben setzt eine sorgfältige Studie voraus und die Zustimmung der Bündner Stimmbürgerinnen und Stimmbürger.  

 

Die romanische Sprache braucht Aufwertung

Ich sage es ohne Umschweife: Sollte Graubünden seine Verantwortung in der Sprachpolitik dem Bundesamt für Kultur abtreten wollen oder müssen, so wie das Zentrum für Demokratie es suggeriert dann wäre das ein jämmerliches Armutszeugnis. Ich habe es schon in meinem Buch „Der Kanton Graubünden - Eine geopolitische Analyse“ (8) betont: Die romanische Sprache braucht Aufwertung, um dieser Misere zu entfliehen. Sie braucht Aufwertung beim Bund, der sie als vierte Amtssprache (und nicht nur als Landessprache für Romanischsprachige) vollumfänglich anerkennen soll. Sie braucht eine kritische Masse an Sprechern, die sich zu ihr bekennen. Und sie braucht eine Ausbildungsstätte, die in zehn anderen Kantonen vorhanden ist, in Graubünden jedoch völlig vermisst wird: eine Universität. Wenn „die Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und der italienischen Sprache in Graubünden ein nationales öffentliches Interesse darstellen“ (9), so das Zentrum für Demokratie, dann sind wirkungsvollere Massnahmen notwendig als diejenigen, die bisher kläglich gescheitert sind. So liegen dummerweise die beiden Lehrstühle für Romanisch ausserhalb des Kantons Graubünden - nämlich an den Universitäten von Freiburg und Zürich, und dies im totalen Widerspruch zum noch immer gültigen Territorialitätsprinzip. Cherchez l’erreur! 

 

Der ganze Kanton Graubünden braucht Aufwertung

Aufwertung braucht aber auch der ganze Kanton, der im Unterland mehrheitlich als Ferienkanton bzw. als blosser Naturpark wahrgenommen wird. Das ist keine gute Voraussetzung zur Entwicklung Graubündens. Mit Tourismus, Natur und einigen KMUs im Churer Rheintal können auf Dauer nicht 200’000 Einwohnerinnen und Einwohner ihren Lebensunterhalt verdienen. Mit der schleichenden Verwilderung des Kantons (10) wird ein Grossteil der Bevölkerung früher oder später auf dem Arbeitsmarkt im Unterland landen, was zum jetzigen Zeitpunkt kein anzustrebendes Szenario darstellt. Also braucht es im ganzen Kanton innovative und umweltfreundliche Unternehmen, die in einem geeigneten Umfeld gedeihen können. Deshalb bin ich nach wie vor der Ansicht, dass sich eine sprachlich-kulturelle und wirtschaftliche Aufwertung des Kantons am besten durch die Gründung einer eigenen Universität, an welcher die romanische Sprache sowie innovative Fächer unterrichtet werden können, realisieren liesse. Heute zahlt Graubünden andere Kantone, um den grössten Teil seiner studienwilligen Jugend an den Universitäten Zürich, Fribourg oder St. Gallen studieren zu lassen. Cherchez la seconde erreur! Vorläufig soll die Fachhochschule Graubünden bis 2025 zu einem Hochschulzentrum erweitert werden; das wäre aber nur ein erster Schritt in Richtung Stärkung des Wirtschaftsstandorts Graubünden. Am Ziel wären wir damit noch lange nicht.

 

Virginia Bischof Knutti©25.08.2020

 

(1) Zentrum für Demokratie Aarau, Massnahmen zur Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und der italienischen Sprache und Kultur im Kanton Graubünden, Evaluationsbericht im Auftrag des BAK, 31.03.2019, Aarau, S. 4. 

(2) Ibid. 

(3) Ibid, S. 63-64. 

(4) Lia Rumantscha, Strategia da la Lia Rumantscha, Era las proximas generaziuns dovran cun plaschair il rumantsch, nicht datiertes Dokument, http://www.liarumantscha.ch/uploads/files/strategia_lr_en_consultaziun.pdf. 

(5) Zentrum für Demokratie Aarau, Massnahmen zur Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und der italienischen Sprache und Kultur im Kanton Graubünden, Evaluationsbericht im Auftrag des BAK, 31.03.2019, Aarau, S. 60. 

(6) Ibid, S. 4.

(7) Ibid, S. 59. 

(8) Virginia Bischof Knutti, Der Kanton Graubünden - Eine geopolitische Analyse, Somedia Buchverlag, 2019, S. 104-106.

(9) Zentrum für Demokratie Aarau, Massnahmen zur Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und der italienischen Sprache und Kultur im Kanton Graubünden, Evaluationsbericht im Auftrag des BAK, 31.03.2019, Aarau, S. 4.

(10) Virginia Bischof Knutti, „Noch mehr Naturpärke ? - Die schleichende Verwilderung Graubündens“, 12.08.2020, https://virginiabischofknutti.jimdofree.com/blog/graubünden/.

 

20 Massnahmen der Lia Rumantscha (Übersetzung, Gliederung und Beurteilung durch die Autorin)

 

Legende: INW = Interessenwahrung; DEZ = Dezentralisierung; DEM = Demokratisierung; BuD = Bildung und Digitalisierung; ZA = Zusammenarbeit

 

Schwerpunkt Gemeinschaft

1. Die LR organisiert regelmässig Anlässe, die Begegnung und Austausch ermöglichen, alternierend in den romanischen Gebieten und in der Diaspora. (INW / DEZ)

2. Die LR

- zeigt Präsenz bei den Anlässen und informiert über das Romanische und ihre Aktivitäten alternierend in den romanischen Gebieten und in der Diaspora,

- organisiert Anlässe, um über das Romanische zu informieren,

- trägt durch ihre Arbeit dazu bei, die Medien für das Romanische zu sensibilisieren. (INW / DEZ)

3. Die LR setzt sich ein

- für die Herstellung einer digitalen Plattform, um sich zu vernetzen, die Kontakte zu pflegen und sich zu organisieren, 

- für eine romanische Medienlandschaft. (BuD / ZA)

4. Die LR

- unterstützt die unterstellten Verbände in ihrem Management und in der Durchführung von speziellen Projekten mit finanziellen Mitteln gemäss Abkommen,

- organisiert regelmässige Treffen mit den Vertretern der unterstellten Verbänden, um über Herausforderungen und aktuelle Themen und Geschäfte zu diskutieren. (INW / DEZ / DEM)

 

Schwerpunkt Förderung

5. Die LR stellt mithilfe der Digitalisierung folgende Mittel zur Verfügung:

- die Online-Wortschätze, die sie regelmässig aktualisiert und ergänzt (Pledari grond), 

- je nach Möglichkeit die Online-Wortschätze von Dritten. (BuD / ZA) 

6. Die LR

- übersetzt und lektoriert Texte verschiedener Genres in alle Idiome und auf Rumantsch grischun, 

- entwickelt Korrekturprogramme mit Dritten, 

- bietet privaten Personen, KMUs und Verbänden Möglichkeiten zur Übersetzung und zum Lektorieren von Texten, analog SLING, an. (BuD / ZA)

7. Die LR informiert und berät bei Fragen zur romanischen Sprache und Kultur mittels E-Mail, Telefon, Interviews, im Rahmen von Referaten, Werkstätten und mit der Publikation von Facts online. (INW / DEM)

8. Die LR

- führt und koordiniert eine Gruppe von Partnern und Interessenten zum Thema Digitalisierung des Rumantsch,

- stellt digitale Daten von Dritten zur freien Verfügung,

- ermuntert andere Produzenten und Inhaber anderer Institutionen, Verbände und Privatpersonen, ihre eigenen Dateien zur Verfügung Dritter zu stellen. (BuD / ZA) 

9. Die LR

- führt und koordiniert eine Gruppe von Partnern und Interessenten zum Thema Digitalisierung des Rumantsch,

- stellt digitale Daten von Dritten zur freien Verfügung,

- ermuntert andere Produzenten und Inhaber anderer Institutionen, Verbände und Privatpersonen, ihre eigenen Dateien zur Verfügung Dritter zu stellen. (INW / DEZ) 

10. Die LR setzt sich ein

- für ein romanisches Angebot bei allen Berufsschulen, 

- für die Pflichteinführung der doppelsprachigen Matura (Rumantsch/Deutsch) in den Mittelschulen Graubündens, 

- für die zur Verfügungsstellung von adäquaten Lehrmitteln durch den Kanton. (INW / BuD) 

11. Die LR setzt sich ein 

- zusammen mit Dritten für entsprechende Angebote (Klassenaustausch, Projektwochen), 

- für das Romanische als Auswahlfach auf der oberen und gymnasialen Stufe. (INW / ZA)

12. Die LR 

- stellt verschiedene audiovisuelle Mittel, Bücher und Spiele zur Verfügung und informiert über die Sprachlernfähigkeiten der Kinder,

- organisiert Anlässe mit Lehrpersonen und ermöglicht den Austausch von Ideen, die Äusserung von Wünschen und fungiert als Impulsgeberin, 

- entwickelt Identifikationsfiguren für Kinder von der Krippe bis zum 12. Lebensjahr. (DEM / BuD)

13. Die LR 

- bietet attraktive und moderne Kurse an, 

- entwickelt und pflegt Lehrmittel zum Romanischlernen, 

- führt Sprachzertifikate ein. (BuD)

 

Schwerpunkt Interessen

14. Die LR fördert und unterstützt: 

- eine spezialisierter Beratung,

- ein Angebot in der Kooperation und Koproduktion, 

- Werkstätte zum Schreiben und übersetzen von literarischen Texten,

- Schreibwerkstätte für Kinder und Jugendliche, 

- zur Verfügungsstellung von Material wie Theaterstücken und Liedern. (BuD / ZA)

15. Die LR 

- fördert die jährliche, vermehrte Herausgabe von Kinderbüchern,

- hält eine Dienstleistungsvereinbarung mit der OSL (Ovra Svizra da Lectura per la Giuventegna), 

- stellt, gemäss Abkommen mit dem Kanton, der CER (Chasa d’Editura Rumantscha) finanzielle Mittel zur Verfügung, um ihr organisatorische und operationelle Selbstständigkeit zu ermöglichen. (INW / BuD)

16. Die LR fördert die Verbreitung von romanischen Medien durch:

- die Führung eines Ladens in der Chasa Rumantscha sowie Online-Verkauf, 

- Ermunterung Dritter, romanischen Medien zu verkaufen, 

- Information über das Angebot von romanischen Medien. (BuD / ZA)

17. Die LR

- vergibt, in Koordination mit den unterstellten Verbänden, finanzielle Unterstützung für Projekte, die einen relevanten Bezug zur romanischen Sprache haben, 

- appelliert öffentlich für Ideen zur Realisierung von spezifischen Projekten. (INW / DEM / ZA)

18. Die LR 

fördert die Einführung einer kantonalen Instanz zur Begleitung und Aufsicht über die Abwicklung des Sprachgesetztes. (INW)

19. Die LR 

- fördert ein systematisches Monitoring der Handlungsfelder, die dem Sprachgesetz unterworfen sind, 

- bietet Beratung und Unterstützung nach Wunsch, 

- interveniert im Fall von Wiederhandlung gegen das nationale Sprachgesetz. (INW)

20. Die LR organisiert regelmässig Anlässe zum Austausch von Informationen mit der eidgenössischen parlamentarischen Gruppe „lingua e cultura rumantscha“ und mit der romanischen Gruppe des Grossen Rates. (INW)

 

Total INW (Interessenwahrung): 12

Total DEZ (Dezentralisierung): 4

Total DEM (Demokratisierung): 4

Total BuD (Bildung und Digitalisierung): 10

Total ZA (Zusammenarbeit): 8

 

 

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